Mittwoch, 7. Oktober 2015

Haftbefehl und Haftgrund

  • Das Oberlandesgericht Hamm hat beschlossen, dass der Erlass eines Haftbefehls gegen einen Beschuldigten, dessen Strafhaft in anderer Sache in Kürze endet, dann unverhältnismäßig ist, wenn während der Strafhaft in anderer Sache genügend Zeit zur Verfügung gestanden hatte, um das Strafverfahren, in welchem der Haftbefehl erlassen werden soll, voraussichtlich rechtskräftig abzuschließen und in dieser Zeit das Verfahren aus der Justiz zuzurechnenden Gründen nicht hinreichend gefördert wurde.
  • Der Haftgrund der Verdunklungsgefahr erfordert, dass die konkrete Gefahr droht, dass die Ermittlungen der Wahrheit durch Handlungen des Beschuldigten erschwert wird. Daran fehlt es regelmäßig, wenn die Beweise bereits so gesichert sind, dass ein Beschuldigter die Wahrheitsfindung grundsätzlich nicht mehr behindern kann. Bei der Gefahr der Einflussnahme auf Zeugen kann dies insbesondere dann angenommen werden, wenn eine richterlich protokollierte Aussage des jedenfalls im Vernehmungszeitpunkt unbeeinflussten Zeugen bereits vorliegt. 

Freitag, 2. Oktober 2015

Haftbeschwerde während der Hauptverhandlung

Erhebt ein Angeklagter während laufender Hauptverhandlung eine Haftbeschwerde und begründet diese damit, dass nach der bisherigen Beweisaufnahme der dringende Tatverdacht entfallen sei, so muss das erkennende Gericht, wenn es der Haftbeschwerde nicht abhelfen will, sich mit dem Vortrag des Angeklagten in seinem Nichtabhilfebeschluss auseinandersetzen. Nur dann ist dem Beschwerdegericht die uneingeschränkte Überprüfung der angefochtenen Entscheidung möglich. Es muss in die Lage versetzt werden, dass mitgeteilte Ergebnis auf einer vertretbaren Bewertung der zurzeit für und gegen einen dringenden Tatverdacht sprechenden Umstände einzuschätzen.